Seelische Gründe für Unfruchtbarkeit

Unfruchtbarkeit und Trauma: Welche psychischen Blockaden können dem Kinderwunsch entgegenstehen?

Ich lade dich herzlich ein, diese Gedanken zu teilen.

Unerfüllter Kinderwunsch wird so unfassbar oft mit „Denk mal weniger dran, setz dich nicht so unter Druck, dann klappt das schon!“ kommentiert. Und das ist an Zynismus und Dummheit schwer zu überbieten. So eine Aussage kann die Betroffenen sehr verletzen und demütigen.

Die Wahrheit ist: So einfach ist es nicht.

Von körperlichen Ursachen für Unfruchtbarkeit und Kinderlosigkeit abgesehen, können auch unverarbeitete Traumata, wie frühe Bindungsverletzungen, transgenerationale Verstrickungen oder sexuelle Traumatisierungen dem Babyglück im Wege stehen.

Psychische Ursachen ungewollter Kinderlosigkeit

Viele Klientinnen stellen in einer Selbstbegegnung ihren unerfüllten Kinderwunsch als Anliegen auf. Und so viele Prozesse ich dazu begleitet habe, so viele unterschiedliche Blockaden standen dahinter. Hier stelle ich euch vier mögliche psychische Ursachen vor:

  • innere Rebellion,
  • falsche Verantwortungsübernahme,
  • Grenzübertritte und Gefühlsverstrickung sowie
  • sexuelle Traumatisierung.

Aber wichtig: Jeder Mensch ist einzigartig, und kein Fall kann als Pauschale oder Blaupause gesehen werden! Das sind lediglich individuelle Fallbeispiele aus meiner Arbeitspraxis mit der Selbstbegegnung.

Deshalb: In diesem Beitrag werfen wir beispielhaft einen Blick auf mögliche psychische Ursachen. Es gibt hier aber keine schnellen Lösungen für solche innerpsychischen Blockaden. Die sehen im Einzelfall immer individuell aus – ob und wie sich das Symptom (Kinderlosigkeit) dann auflöst, ist ebenfalls individuell und hängt von vielen Faktoren ab.

Achtung!

Wenn du selbst betroffen bist, bitte beachten: Dieser Beitrag kann keine komplexe, individuelle Lösung schaffen, und die Gründe für unerfüllten Kinderwunsch sind sowohl auf körperlicher Ebene als auch aus psychologischer Sicht hochkomplex. Auch die Lösungsfindung sollte entsprechend ganzheitlich, individuell und ggf. vielschichtig sein. Konsultiere bitte entsprechende Fachleute.

Der Beitrag soll zunächst dazu dienen, für das Thema zu sensibilisieren und Perspektivwechsel zu ermöglichen.

Anonymisiertes Anliegen 1: „Was hält mich davon ab, Mutter zu werden?“ – Thema Rebellion

Hier haben wir uns drei verschiedene Anteile (unterschiedliche Altersstufen) angeschaut, die alle drei ihren ganz persönlichen Grund hatten, das Empfangen, Gebären und Mutterwerden zu blockieren. Was alle drei jedoch gemeinsam hatten, war eine gewisse Rebellion: Sie sträubten sich mit Haut und Haaren dagegen, den Erwartungen der MUTTER der Klientin (z.B. nach Enkeln) zu entsprechen. Sie fühlten sich alle drei von ihrer Mutter nicht gesehen, verstanden, ihre persönlichen Grenzen wurden nicht gewahrt. Aus Protest blockierten sie auf vielfältige Weise die Partnerfindung und Fruchtbarkeit der Klientin.

Anonymisiertes Anliegen 2: „Will ich eigentlich noch ein Kind?“ – Thema Verantwortung übernehmen

Hinter dem Wort Kind kam ein unerwartetes Thema hervor: nämlich ein Kindanteil, der sich sehnlichst wünschte, ein reifer Erwachsener würde Verantwortung für die Erwachsenendinge des Lebens übernehmen, sodass sich der kleine Anteil in Ruhe und Entspannung seinen Kinderdingen (Entdecken, Hüpfen, Singen, Spielen) widmen kann. Als Kind hatte die Klientin mit ihren Eltern toxischen Rollentausch erlebt und ihre Kindheit nicht genießen können: Stattdessen wurde sie für die Gefühle der Mutter verantwortlich gemacht und hatte nun Probleme, als Erwachsene in ihre Verantwortung zu kommen und aus gesunden Anteilen heraus die Familienplanung zu gestalten.

Anonymisiertes Anliegen 3: „Ich ambivalent Kinderwunsch“ – Thema Grenzen und Verstrickung

Das Ich zeigte sich als erwachsener Anteil, der Probleme hatte, sich seiner Weiblichkeit hinzugeben. Warum? Die Klientin hatte im Leben mit weiblichen Bezugspersonen (Schwestern, Mutter) eine toxische Weiblichkeit erlebt: Statt Verbindung und Entspannung gab es nur Übergriffigkeit, Missgunst, Spannung und unangemessene Erwartungen. Und über emotionale Verstrickung wurden ihr auch noch FREMDGEFÜHLE aufgedrückt. Ergo: Ihre Grenzen wurden absolut nicht gewahrt.

Der Anteil Ich entdeckte im Laufe des Prozesses dann einen Zugang zu gesunder Weiblichkeit, zu seiner Natur, zu entspanntem Mitschwingen mit Zyklen. Das Ich beschrieb es mit Schlagworten wie:

  • Fließen lassen,
  • Ebbe/ Flut,
  • Leben/ Sterben,
  • Empfangen/ Gebären,
  • Hingabe/ Einklang mit dem Schwingen der Welt etc.

Aber es hatte hierfür eine ganz klare Bedingung:

„Fremdgefühle und Verstrickung sind tabu – meine Grenzen müssen gewahrt werden! Solange du (Klientin) nicht sicherstellst, dass unsere Grenzen sicher sind, muss ich zum Schutz eine Restspannung behalten (Unterleib und Nacken angespannt), um meine Integrität zu wahren. Zur Not bleib ich stur!“

Anonymisiertes Anliegen 4: „Ich wünsche mir ein Kind“ – Thema Sexueller Missbrauch

Das kleine mir (4-jähriger Kindanteil) hatte sexuellen Missbrauch erfahren. (Details erspare ich.) Das mir und einige andere kleine und große Anteile weigerten sich, körperliche Grenzüberschreitungen zuzulassen – wie es die Einnistung eines fremden kleinen Menschen in der Gebärmutter für das mir nun mal war. Die Vorstellung, dass jemand wieder seine körperlichen Grenzen missachtete, war blanker Horror. Die erwachsenen gesunden Anteile der Klientin wünschten sich also ein Baby. Die kleinen verängstigten, angeekelten Anteile hingegen blockierten das. Durch den Missbrauch in der Kindheit war ein hohes Maß an innerer Spaltung und Zerrissenheit entstanden. Und der Körper der Klientin spiegelte das wider, indem sich einfach keine Schwangerschaft einstellen wollte.

Kopf, Körper und Psyche sind nicht getrennt – unser Organismus ist ein komplexes Ganzes

Wenn man in so einer Sitzung diese energischen Anteile gesehen hat: in ihrer Not, ihrer Wut, ihrer Angst, ihrer Verzweiflung, dann ist es wirklich klar: „Einfach nicht mehr dran denken, und dann wirst du schon schwanger!“ ist absoluter Oberbullshit.

Ungewollte Kinderlosigkeit ist weit verbreitet und kann sehr viele Ursachen und Folgen haben. Lasst uns sensibel, vorurteilsfrei und wertschätzend mit Betroffenen umgehen. Sie haben es eh schon schwer genug. ♥

Und wenn du selbst von ungewollter Kinderlosigkeit betroffen bist und es körperlich keine Ursachen dafür gibt, kann es also sinnvoll sein, mal ins Zwiegespräch mit den inneren Anteilen zu gehen, Mehr Infos zur Selbstbegegnung gibt es in meinen FAQ.

Herzensgrüße

Anne

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Kommentare (3)

  • Naja, hinter den „fehlenden körperlichen Gründen“ (idiopathische Sterilität) können ja einfach auch (noch) nicht diagnostizierte körperliche Gründe stecken, die man erst in weiteren Abklärungsrunden oder uU ein paar Jahre später findet.
    Ein prominentes Beispiel: Erst seit 2016 wird bei Kinderwunschpatientinnen der Universitätsklinik Bern bei rezidivierendem Einnistungsversagen standardmäßig eine Endometriumsbiopsie angeboten. Seitdem wird dort beispielsweise chronische Endometritis (gemein, weil komplett symptomlos) diagnostiziert und nach einer Antibiotikatherapie steht der Schwangerschaft auf einmal nichts mehr im Wege…

    Vorausgesetzt natürlich, es findet glücklicher, einvernehmlicher Geschlechtsverkehr zum Empfängnisoptimum statt. (Übrigens wird das Empfängnisoptimum häufig falsch eingeschätzt – hier kann Beschäftigung mit NFP helfen).
    Aber genau daran wird es bei den o.g. Psychogrammen bei subtil selbst-sabotiertem Kinderwunsch wahrscheinlich hapern.

    Aber ansonsten: Psychische Belastungssituationen wirken nicht verhütend!
    Ein durch extreme Nacht- und Schichtdienste zerschossener Zyklus mit schlechter Follikelqualität kann natürlich kontraproduktiv sein, aber das ließe sich ja per NFP als „körperlich mitbedingt“ erkennen !

  • PS: Dass eine Selbstreflexion wichtig ist für eine glückliche Schwangerschaft (damit das Baby auch schön in „glücklichen Neurotransmittern floaten“ kann 😉 )
    und natürlich unerlässlich ist für eine einfühlsame und liebevolle Baby- und Kleinkindzeit, möchte ich aber unbedingt nochmals betont haben!

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Ich bin Anne, leidenschaftliche Schreiberin und immerfort lernende Mutter zweier Kinder. Süchtig nach anspruchsvollen Büchern und mit einer Schwäche für ausgezeichneten Schwarztee. Auf meinem Blog WELTFREMD setze ich mich seit 2019 für friedvoll-authentische Elternschaft ein und kläre über Entwicklungstrauma auf. ♥

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