Das Kind im Familiensystem: Kooperieren oder Funktionieren?
Kinder kooperieren immer. Heißt es oft.
Und es stimmt: Kinder kooperieren IMMER.
Allerdings wird dieses Wort „kooperieren“ unglaublich oft missverstanden: sich anpassen, brav mitmachen, funktionieren – all das mein kooperieren ausdrücklich NICHT in diesem Zusammenhang.
Was dann?
Kinder kooperieren immer – was heißt das?
Ko-operieren meint, dass ein Kind IMMER auf seine Umwelt re-agiert, mir ihr handelt, von ihr anhängig ist, sie spiegelt. Da unsere Kinder permanent Zugang zu unserer Innenwelt haben, reagieren sie auch besonders auf unsere verdrängten psychischen Anteile. Sie spiegeln unseren Stress, sie imitieren unsere toxischen Muster, sie reagieren auf unterschwellig angespannte Atmosphäre.
- Ein Kind, das außergewöhnlich aggressiv ist, kooperiert vielleicht mit dem inneren, unbewussten Kampf, der in seiner Mutter tobt, und den sie auf Bewusstseinsebene verleugnet.
- Ein 6-jähriges Kind, das auffallend anhänglich ist und sich nicht vom Papa trennen kann, kooperiert vielleicht mit den heimlichen Suizidgedanken des Vaters und sieht sich in der Rolle des Aufpassers.
- Ein Schulkind, das andere Kinder mobbt, kooperiert vielleicht mit dem Hang der Eltern mit alltäglichen ehelichen Sadismus einander das Leben schwer zu machen.
- Selbst manch schreiendes Baby brüllt nur das heraus, was die Mama permanent an Schmerz runterschluckt.
Eltern-Kind-Beziehung
Solange das Bindungssystem stärker wirkt als die individuelle Autonomie (was meist an der Schwelle zwischen 12 und 14 Jahren kippt), wird ein Kind mit den Eltern kooperieren: mit unserem Krieg wie mit unserem Frieden, mit unserem Stress wie mit unserer Ruhe, mit unserem Hass wie mit unserer Liebe.
Daraus entstehen in dysfunktionalen Eltern-Kind-Beziehungen oft Verstrickungen, die unentdeckt lebenslang für Probleme sorgen können. Solange wir mit den inneren Eltern psychisch verstrickt sind, sind wir nie ganz frei, wir selbst zu sein. Dann kooperieren wir als Überlebensstrategie ewig mit ihnen – wir reinszenieren toxische Beziehungen, tun uns selbst nicht gut oder kompensieren unser inneres Ungleichgewicht mit ominösen Körpersymptomen.
Ein Kind macht Probleme? Nein, es HAT selbst welche!
Ein Kind, das Probleme macht, das HAT selbst Probleme. (Die müssen selbstverständlich auch nicht immer bei den Eltern liegen, sondern können auch der Spiegel von außerfamiliären Schwierigkeiten sein!) Auffälliges Verhalten also zu bewerten, abzustrafen oder zu manipulieren, wird keine gesunde Lösung bringen.
Statt zu schimpfen, sollte die Frage eher lauten: Macht dir aktuell etwas zu schaffen?
Oder: Macht MIR zurzeit etwas zu schaffen?
Herzensgrüße
Anne
Weiterlesen? Wie wäre es hiermit:
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