Warum Selbstfürsorge für Mütter so wichtig ist und wie sie gelingt
Du bist ausgebrannt. Erschöpft. Dir dröhnen die Ohren vom Kinderlärm. Du kannst nicht mal alleine aufs Klo gehen. In Ruhe in der Badewanne liegen? Mit einem Buch? Puh. Das ist schon ziemlich lange her. Das Essen, das du liebevoll kochst, wird verschmäht. Für jeden freundlichen Vorschlag kassierst du Widerworte. Kinderarzt, Kita, Job, Partner, Verwandtschaft, Freunde. Alle haben sie Erwartungen, Ansprüche, Wünsche. Überall Termindruck. Bloß nichts vergessen. Die Verantwortung für Brotdosen, Rücksackinhalt, Sommerurlaub, Impftermine – all das lastet schwer auf deinen Schultern.
Und wenn du dann doch mal Zeit für dich hast – eine halbe Stunde alleine in der Stadt. Was machst du dann? Doch noch mal schnell schauen, ob du Glitzersocken in der passenden Größe für dein Kind bekommst?
Und wenn du die halbe Stunde alleine zu Hause hast – was machst du dann? Aha. Schnell die Wäsche legen. Überall kurz durchsaugen. Lüften. Essen vorbereiten.
Und wenn du … doch mal in Ruhe sitzen bleibst, um in Stille Kaffee zu trinken. Wie fühlt sich das an? Sticht da nicht doch irgendwo ein klitzekleines bisschen schlechtes Gewissen? Schließlich ist die To-do-Liste lang genug. Wocheneinkauf, Kindergeburtstag, Spülmaschine – die machen sich nicht von selbst. Die lauern und warten. Die wollen erledigt, vorbereitet und ausgeräumt werden.
Wann war dein Gesicht zuletzt augenringfrei?
Wann hast du zum letzten Mal tiefe, langanhaltende Entspannung gefühlt?
Wie lange liegt die Anmeldung für den Yogakurs schon rum?
Wann hast du zuletzt einen Roman gelesen?
Erst mal schauen, wo die Kopfschmerztabletten liegen …
Vor welcher Ewigkeit hattest du dir vorgenommen, mal wieder einem Chor beizutreten?
Und wann hattest du zuletzt Freundinnenabend?
Lange her. Kommt immer was dazwischen.
Das ist gar nicht gut für dich. Ist dir klar. Aber das ist auch gar nicht gut für dein Kind. Wieso?
Schauen wir uns das genauer an. In diesem Artikel erfährst du:
- Warum Selbstfürsorge für dich so wichtig ist
- Wie du mit Selbstfürsorge auch deinem Kind ein unglaubliches Geschenk machst
- Wie deine Selbstfürsorge auch die Welt ein kleines Stück besser macht
- 6 Ideen, wie du sofort besser für dich selbst sorgen kannst
Und los!
Selbstfürsorge versus Egoismus
Wieso braucht es Selbstfürsorge?
Wie sollst du auch das noch unterkriegen? Die Kinder brauchen nun mal Unterstützung! Das wäre doch egoistisch. Du bist schließlich tugendhaft und aufopferungsvoll. Du willst eine gute Mutter sein. Du willst für dein Kind das Allerbeste!
Stoppstoppstopp.
Selbstfürsorge und Selbstliebe haben absolut nichts mit Egoismus zu tun.
Im gesellschaftlichen Bewusstsein wabert so eine unterschwellige Angst vor Egoismus herum: Selbstliebe hat den Ruf, böse zu machen, rücksichtslos, größenwahnsinnig. Sie ist oft begleitet von der Angst, keinen Anreiz mehr zu haben, sich zu verbessern. Oder Anerkennung von außen abzulehnen.
Was ist aber die Wahrheit?
- Übermäßige Anpassung und die daraus entstehende Frustration machen aggressiv, übellaunig, unzufrieden und zickig.
- Asoziales und kriminelles Verhalten werden nachgewiesenermaßen durch einen Mangel an Selbstwertwertgefühl und fehlender Selbstliebe begünstigt.
- Minderwertigkeitskomplexe fressen einen Riesenhaufen Energie. Fixierung auf eigene Mängel, unbefriedigte eigene Bedürfnisse und fehlende Selbstempathie – wie soll da Empathie für das Gegenüber entstehen? Ein verletztes Ego ist vielmehr damit beschäftigt, weitere Verletzung zu vermeiden, als den Blick nach außen zu richten.
- Selbstliebe bewirkt eine realistische Selbsteinschätzung, da dein innerer Kritiker, dieser nörgelnde Pessimist, endlich weniger Gewicht bekommt.
- Ein positiver Selbstwert motiviert Forschungen zufolge zu Verbesserungen, weil der Blick auf deine Ziele ungetrübt ist. Du denkst lösungsorientiert und hast die Power, selbst aktiv zu werden.
Und was am wichtigsten ist: Wenn du endlich anfängst, für dein persönliches Glück selbst die Verantwortung zu übernehmen, gibst du sie nicht mehr unbewusst an deinen Partner, dein Kind und deine übrigen Mitmenschen ab.
Wenn du immer nur die Schuld im Außen suchst, hast du eine prima Ausrede dafür, nicht selbst handeln zu müssen. Das bringt dir null Punkte. Die einzig realistische Möglichkeit, dein Wohlbefinden zu verbessern, ist: handeln. Selbst handeln. Selbst die Verantwortung zu übernehmen.
Du machst mich unglücklich! Du machst mir schlechte Laune! Du frustrierst mich mit deinem Verhalten! Das ist alles Blödsinn. Dein Kind oder dein Partner sind nicht für deine Laune verantwortlich. Nimm dein Glück lieber selbst in die Hand, anstatt dein Kind damit zu belasten.
Dich selbst gut zu behandeln, ist also absolut gar nichts, das eines schlechten Gewissens bedürfte. Im Gegenteil: Es motiviert, entlastet dich und andere und wirkt sich positiv auf deinen gesamten Alltag aus.
Raus aus der Erwartungshaltung
Niemand wird plötzlich an der Tür klingeln und dir eine Stunde Entspannung schenken. Werde selbst aktiv. Kein anderer kann so gut für dich sorgen wie du selbst – denn keiner kennt dich und deine Bedürfnisse besser. (Wenn dich doch ein anderer besser kennt – umso schlimmer! Sich selbst zu fühlen und wirklich wahrzunehmen, ist Grundvoraussetzung für nachhaltige Selbstfürsorge.)
Würdest du von deinem Kind erwarten, es müsse sich deine Liebe erst verdienen?
Nein. Du liebst es bedingungslos.
Warum solltest du es dir nicht selbst erlauben, dich zu lieben? Ohne eine bestimmte Leistung! Ohne Beifall und Anerkennung von außen. Einfach dafür, dass du bist. Warum solltest du deine Familie so gut behandeln, aber ausgerechnet dich selbst nicht?
Der Kraftaufwand, deine Minderwertigkeitskomplexe jeden Tag zu füttern, ist unglaublich. Du kannst dich stattdessen aktiv von ihnen frei machen – indem du achtsam mit dir selbst bist und dich so nachsichtig und liebevoll behandelst, wie du es mit deinem Kind tust.
Wo kommt das angeknackste Selbstwertgefühl her?
Du wurdest nicht mit angeknackstem Selbstwertgefühl geboren. Die Einstellung zu dir selbst ist erlernt und kann sich jederzeit ändern. Wurden deine Bedürfnisse als Baby und Kleinkind abgelehnt, lächerlich gemacht oder ignoriert? Oder wurdest du nicht in deinen eigenen Interessen und Anlagen gefördert? Wurdest du zu wenig oder kaum wertgeschätzt? Dann verkümmert dein Selbstbewusstsein.
Die gute Nachricht ist: Wird ein Kind gut behandelt, wächst sein Selbstwertgefühl.
Die schlechte Nachricht ist: Erwachsene können von außen so gut behandelt werden, wie sie wollen – ohne Effekt auf den Selbstwert.
Aber die beste Nachricht: Je besser du dich als Erwachsener selbst behandelst, umso stärker wird dein Selbstwertgefühl. Und zwar nicht im Sinne von Ersatzbefriedigung wie Kleider shoppen, Partys feiern, Anerkennung für Selfies kassieren. Das ist nur oberflächlicher Müll. Der flickt kein inneres Loch.
Sondern im Sinne von: die eigenen Gefühle nicht negieren, sondern wahrnehmen und wertschätzen. Die eigenen Bedürfnisse kennen und selbstverantwortlich befriedigen, statt sie kleinzureden.
Wie kommt es deinem Kind zugute, wenn du dich selbst endlich besser behandelst?
Kinder kooperieren immer. Immer. Hier mehr dazu lesen.
Du meinst, das stimmt nicht? Sie lassen sich schließlich nicht die Haare kämmen und verweigern ihr Gemüse?
Na gut. Gehorchen hat absolut nichts mit Kooperieren zu tun. Da muss ich dich enttäuschen.
Kinder kooperieren, indem sie
- uns mit ihrem Verhalten etwas mitteilen, was sie mit Worten noch nicht auszudrücken vermögen
- unsere innere Haltung übernehmen.
Kinder tun nie, was wir ihnen sagen. Sie tun immer nur, was wir tun.
Wenn du nicht für dich selbst sorgst, andere für dein Glück und deine Stimmung verantwortlich machst. Wenn du deine Bedürfnisse ignorierst, deine Gefühle verdrängst und dich permanent nur an die Erwartungen der anderen anpasst, um zu gefallen.
Sag mal ehrlich: Was für ein Vorbild bist du in dem Fall für dein Kind?
Ein Kind lernt nicht, gut für sich zu sorgen und wohlwollend mit sich selbst umzugehen, wenn sein wichtigstes Vorbild das nicht tut.
Ein Kind wird sich kaum selbst hübsch finden, wenn es lernt, das Mama permanent etwas an ihrem Äußeren auszusetzen hat.
Kein Kind lernt, seine Gedanken, Ziele und Eigenschaften realistisch und positiv einzuschätzen, wenn seine Eltern ihm vorleben, dass man eigene Leistungen kleinredet und Ziele als unerreichbaren Quatsch abtut.
Indem du dich selbst so hegst und pflegst, wie du es brauchst (ich schreibe bewusst nicht „wie du verdienst“ – daraus könnte dein innerer Griesgram ja wieder einen Strick drehen!), bist du ein großartiges Vorbild für dein Kind.
Kinder haben nach Jesper Juul (und vielen anderen Experten) permanent Zugang zum Inneresten der Eltern, zu ihrer grundsätzlichen Haltung. Wenn du also ungehemmt deinen Minderwertigkeitskomplexen frönst, geh besten Wissens davon aus, dass dein Kind sie übernehmen wird.
Kooperation eben.
Das Ding mit der Selbstfürsorge ist dir eigentlich klar? Aber klappen will es nicht recht?
Da Selbstfürsorge so viel mehr ist, als sich mal etwas zu gönnen, darfst du auch nicht gleich zu viel von dir erwarten. Setz dich nicht unter Druck. Druck ist immer Mist.
Selbstliebe ist ein langer Lernprozess.
Alles, was du für dich und deine persönliche Weiterentwicklung tust, tust du auch für dein Kind.
Und ein paar Möglichkeiten, wie das gelingen kann, schauen wir uns jetzt konkret an:
Sechs Ideen, wie du Selbstfürsorge in deinen Alltag integrieren kannst
1. Lerne dich selbst besser kennen
Für die allermeisten von uns ist Verdrängen, Unterdrücken und Leugnen der eigenen Empfindungen Teil der psychischen Überlebensstrategie. Durch die Anforderungen der Gesellschaft und die klassische Erziehung (insbesondere in Deutschland) wurde unsere Seele früh verletzt. Das hat dazu geführt, dass bestimmte Erfahrungen und Empfindungen abgespalten wurden. Genaueres dazu liest du hier: Hitler im Herzen*.
Von dieser Basis aus ist es schwer, sich selbst wieder wirklich zu fühlen und die eigenen Grenzen und Bedürfnisse überhaupt wieder wahrzunehmen. Es ist aber möglich. Wir können Schritt für Schritt lernen und uns wieder daran gewöhnen, unserer Empfindungen wieder zuzulassen und wahrzunehmen. Zu den eigenen Gefühlen zu stehen. Jeden Tag ein kleines bisschen mehr. (Wenn dir das langfristig nicht gelingen mag, kann psychologische Beratung hilfreich sein. Hier geht’s zu meinem Angebot.)
Bist du genervt, frage dich, welches Bedürfnis dahinter liegt: vielleicht ein Mangel an Partnerschaft? Zu wenig Stille? Bist du wütend, frage dich: Bin ich eben wieder 10 Mal über meine Grenzen hinausgegangen? Hätte ich früher die Notbremse ziehen sollen? Bist du dauerhaft erschöpft, frage dich: Welche Entlastung brauche ich? Wie kann ich meinen Schlaf verbessern?
Wenn du dich auf dein Inneres konzentrierst, schaust du weniger auf die „Fehler“ deines Kindes, deines Partners, als mehr darauf, wo du dich gekränkt, vernachlässigt, gestört fühlst. Schon alleine das ehrliche Wahrnehmen bringt in den allermeisten Fällen Entlastung und Entspannung.
Sich selbst wahrnehmen und kennenlernen ist also Stufe eins.
Stufe zwei ist dann: diese Grenzen und Bedürfnisse selbstbewusst und freundlich zu vertreten. Vor dir selbst. Vor deinem Kind. Vor deinem Partner. Deinen Eltern, Freunden … Klar ist: Dabei musst du den Frust deines Kindes aushalten. Aber Frust ist sein gutes Recht. Bleib freundlich und empathisch und zieh trotzdem dein Ding durch. Das ist fair für euch beide.
Stufe drei ist Ausprobieren und Dazulernen: Was tut mir gut? Was entspannt mich? Was wirkt nachhaltig? Wovon brauche ich mehr? Wovon brauche ich weniger? Sei ehrlich, achtsam und freundlich mit dir selbst.
Die Wissenschaft sagt übrigens: Fernsehen ist KEINE nachhaltige Entspannung. Die Hirnstromkurven der Probanden lügen nicht. Auch (a)soziale Medien können kontraproduktiv sein. Frag dich nach 10 Minuten Surfen: Fühle ich mich besser oder schlechter als vorher? Ruhiger oder nervöser? Hat mir die Auszeit etwas gebracht?
Und dann handle danach. Dir selbst zuliebe.
Wenn du jetzt denkst „Ja, aber … [bitte irgendwelche äußeren Umstände einfügen, die es dir angeblich nicht ermöglichen, für dich selbst zu sorgen]“, dann verdeckt deine kleine Ausrede möglicherweise den Fakt, dass du es dir nicht erlaubst, dich wahrzunehmen und gut zu dir du sein? Hast du ein schlechtes Gewissen? Angst vor den Emotionen?
Schluss damit. Sei es dir selbst wert. Dein Kind braucht und will dich glücklich und ausgeruht. Die „Supermama-muss-stark-sein-Philosophie“ hat ausgedient und kann auf den Müll.
Und damit sind wir schon beim nächsten Punkt:
2. Perfektionismus ade!
Mütterlicher Perfektionismus ist das Gegenteil von Selbstfürsorge. Perfektionismus ist Selbstsabotage. Perfektionismus kommt zustande, wenn ein ewig nörgelnder innerer Kritiker ständig was zu meckern hat: Die Jeans geht nicht, die ist zu eng! Der Kuchen wäre mir wirklich besser gelungen, wenn ich von dem und dem weniger genommen hätte! Wie dumm von mir, dass ich die Wechselsachen vergessen habe!
Hast du mal darauf geachtet, wie du im Alltag innerlich mit dir selbst sprichst? Wie hört sich diese innere Stimme an? Ist sie wertschätzend und mitfühlend? Nachsichtig und wohlwollend? Oder ist sie genervt, respektlos, geringschätzig und nörglerisch?
Geh achtsam mit dir um. Beobachte dich und deine Gedanken ein paar Tage lang. Deinen innerer Kommentator. Nimm in unter die Lupe.
Frag dich: Wie hättest du mit einer Freundin in dieser Situation gesprochen? Wie hättest du auf dein Kind reagiert? Wie wolltest du, dass ein Fremder mit dir spricht?
Wenn der O-Ton häufig schlecht gelaunt und meistens negativ ist, dann kannst du deinen Umgang mit ihm ändern. Ist ja schön und gut, dass er seine Meinung kundtut, aber genau das war’s schon: eine Meinung. Nicht das Amen in der Kirche.
Gehe innerlich mit dir selbst so nachsichtig und respektvoll, wertschätzend und liebevoll um, wie du es selbst auch von außen erwarten würdest. Und vor allem: wie du im besten Falle auf dein Kind reagieren würdest.
Dann liegt die Wäsche eben einen Tag länger im Korb.
Dann ist der Kindergeburtstag eben nicht ganz so stylisch durchgeplant wie der von der Nachbarin.
Dann nörgelt deine Mutter eben mal über den Fleck auf Sohnemanns Hemd.
So what. Das im Tausch gegen inneren Frieden? Was kann’s Schön’res geben!
3. Sorge für deine körperliche Gesundheit
Nimm Schlafen, gute Ernährung, Bewegung, medizinische Vorsorge so ernst, als hinge dein Leben davon ab. Denn auf lange Sicht tut es das.
Nährstoffreiche Mahlzeiten geben so viel Kraft und Lebensfreude! Ein ausgiebiges Dehnen und Strecken macht so wunderbar munter und frisch! Einfach mit dem Baby liegen bleiben und statt Abwasch mal einen kuscheligen Powernap – unbezahlbar.
Vergrabe schlechtes Gewissen im Wald. Pups drauf, dass die Kinder zehn Minuten zu spät zu irgendwas kommen könnten. Nimm die Hausaufgabe nicht so ernst.
Koche stattdessen gemeinsam nach einem neuen aufregenden Rezept, buch endlich die Rückenschule und geh einmal mehr zum Zahnarzt. Im Wartezimmer kann man nämlich prima im Liebesroman schmökern.
4. Reflexion der eigenen Kindheit
Ein ganz wichtiger Punkt in der Selbstfürsorge ist die Aufarbeitung der eigenen Vergangenheit. Dieses Thema würde hier natürlich jeden Rahmen sprengen, deshalb nur zwei kurze Empfehlungen getreu dem Motto: Gib erst deinen inneren (kindlichen) Anteilen, was sie brauchen, bevor du versuchst, anderen etwas zu geben.
Natürlich ist das leichter gesagt, als getan. Hier kann professionelle psychologische Begleitung ein absoluter Game Changer sein. Zögere nicht, dir auch das zu gönnen! ♥ Zu meinen Angeboten geht’s hier entlang.
5. Zeit für dich
Wie schaffst du es, Zeit für dich zu gewinnen? Klar. Die Stunde(n), nachdem die Kinder endlich eingeschlafen sind und bevor du ins Bett gehst, kannst du nutzen. Aber dann bist du bereits völlig knülle und unmotiviert. Im besten Falle widmest du dich mit einem Hörbuch der Körperpflege, im ungünstigsten malträtierst du dich mit (a)Social Media oder schlechtem Fernsehen.
Aber gibt’s nicht auch bessere Alternativen?
- Wie wäre eine neue Morgenroutine? Eine Stunde vor den Kindern aufstehen. Dann bist du frisch, hast deine Ruhe, kannst ohne Hektik eine Runde Yoga genießen, am offenen Fenster einen Tee trinken, vielleicht eine motivierende Meditation für einen Powertag machen – Ideen hast du bestimmt viele. Wenn du so ein Gerne-und-Lange-Schläfer wie ich bist, fällt die Möglichkeit vielleicht raus. Wir sind eben alle unterschiedlich und es gibt nirgends „one-size-fits-all“-Lösungen. Aber Experientieren kann nicht schaden!
- Artgerecht ist unser separiertes Leben in der Kleinfamilie oder als Alleinerziehende mitnichten. Eigentlich sind Menschen dafür gemacht, in Sippen, Großfamilien, kleinen Dorfgemeinschaften einander zu helfen und sich zu unterstützen. Mehr dazu hier: Artgerechtes Familienleben. Wirf die Scham, deine Unsicherheit, deine Ängste über Bord und bau dir ein Dorf: Nachbarn, andere Kindergarteneltern, Freunde – wieso nicht um Hilfe bitten und gegenseitige Unterstützung organisieren?
- Eine andere einfache Lösung für Me-Time ist schlicht: Fremdbetreuung. Wie wäre mal ein Babysitter am Nachmittag, obwohl du da bist? Warum nicht? Dann kannst du in Ruhe die Zehennägel schneiden, was basteln, Klavier spielen üben. Und natürlich gilt die Devise: Lieber dein Kind eine Stunde länger im Kindergarten lassen, als es gehetzt und mit schlechter Laune abzuholen. Du weißt ja: Mama gut, alles gut.
- Und nicht vergessen, das Wichtigste: In der Regel hat das Kind noch mindestens ein weiteres Elternteil. Go for Gleichberechtigung!
6. Achtsamkeit und Körperübungen
Wie Achtsamkeit es dir ermöglicht, in Kontakt mit dir selbst zu kommen und deine Bedürfnisse rechtzeitig zu erkennen, hab ich schon oben beschrieben. Aber auch täglich (wie das Zähneputzen!) eine kurze Meditation kann auf lange Sicht zum Game Changer werden. (Bitte beachten, dass Meditaion auch zur „In-den-Kopf-Flüchten“-Überlebensstrategie werden kann. Wenn du hier mehr dissoziierst, als wirklich zu dir zu kommen, ist diese Möglichkeit für dich nicht optimal.) Schöne Meditationsanleitungen gibt’s per Buchform, als Video oder Audiodatei zu Hauf in allen gängingen Portalen.
Auch Klopfen als Körperübungen sind wahnsinnig wirksam gegen Stress, Frust und zum Integrieren von allerlei Emotionen. Ich empfehle die Arbeit von Michael Bohne wärmstens: Bitte klopfen!* Dieses Buch ist günstig, knapp und hochgradig hilfreich. Wie Klopftechniken mein eigenes und das Leben meiner Kinder positiv revolutioniert hat, ist großartig. Kaum etwas erfrischt, beruhigt und reguliert so schnell und unkompliziert wie Klopfen.
Zur Klopfsession bei mir anmelden kannst du dich unter anne@weltfremd.net siehe: Angebote.
Hier ein paar praktische Beispiele für deine neue Selbstfürsorge:
- Lies mal wieder einen herzenswarmen Roman, wie z. B. mein Lieblingsliebesbuch Léon und Louise* von Alex Capus. (Oder stöbere in meiner Leseliste nach hilfreicher Familienliteratur.)
- Widme dich einmal die Woche der Körperpflege so, als wärst du eine Königin. Sieh ein, dass du ein wertvoller, wunderbarer Mensch bist, der es verdient hat, mit Hingabe gepflegt zu werden. Rubble dich nicht zügig ab, sondern streichle dich mit einem Kuschelhandtuch trocken. Dusch dich nicht nach dem Sport, sondern genieße mit geschlossenen Augen den heißen Strahl als Wohltat in deinem Nacken. Schmink dir nicht einfach nur die Augenringe weg, sondern lächle dein Spiegelbild wohlwollend an und begegne dir mit so viel Güte, wie du sie auch deinem Kind schenkst. Mach dir nicht nur eine passable Frisur, sondern kämme und massiere dein Haupt, als wärest du dein eigener Wellness-Friseur.
- Gönne dir Stille. Einfach mal kein Radio, keine Sprachnachricht, keine Ablenkung. Genieße täglich bewusst mindestens drei Minuten Stille. Ist wie Reset für dein Hirn.
- Gönne dir Musik. Dreh richtig auf! Tanze zu deinem Lieblingslied, wirble durch die Wohnung, genieße den Bass und die Harmonien. Ob alleine oder mit Familie – beides schön.
- Trinke genügend. Stell dir nach jedem Trinken schon ein neues volles Glas zurecht. Gleich das erste nach dem Aufstehen – ein großes Glas Wasser. Erfrische und entspanne dich von innen.
- Gönne dir frische Luft. Zum Beispiel beim Waldbaden – der Blutdruck sinkt, der Herzschlag verlangsamt sich, die Atmung beruhigt sich. Waldbalden gibt’s in Japan von Arzt per Rezept. Wissenschaftlich erwiesen: nachhaltiger Entspannungseffekt.
- Male mit deinem Kind: Mandalas, Kritzeleien, Kringel, Kleckse – denke nicht und lass raus. Bewerte weder das Bild deines Kindes, noch dein eigenes. Genieße einfach den kreativen Akt. Dazu noch ein Buchtipp: Neurografik.* Damit kannst du allein mit einer Stunde gezieltem neurografischem Zeichnen Blockaden lösen.
Abschließend…
Stell dir vor, du sitzt im Flugzeug und die Sicherheitshinweise werden erklärt. Da heißt es an einer Stelle: Bei plötzlichem Druckverlust setzen Sie bitte sich selbst die Atemmaske auf und erst danach helfen Sie Kindern und anderen. Exakt der gleiche Sicherheitshinweis sollte in jeder Familie gelten: Erst wenn es dir selbst gut geht, kannst du auch gut für andere sorgen.
Ich versichere dir: Du bist wertvoll. Du bist gewollt. Du hast es verdient. Du brauchst es. Du bist ein Wunder für diese Welt. Also erteile dir die Erlaubnis, fasse jetzt den Entschluss dazu: dich selbst zu lieben, wie du auch dein Kind liebst. Sorge für dich, wie du auch für dein Kind sorgst.
Liebevolle Grüße
Anne
PS: Wenn du noch weitere Mütter kennst, die eine gehörige Portion Selbstfürsorge dingend nötig hätten, dann leite ihnen doch den Artikel weiter. Sorgen wir dafür, dass die Welt nicht nur für Kinder ein besserer Ort wird – sondern auch für alle Mamas. ♥
An sich selbst denken, Egoismus, Sei gut zu dir, Selbstfürsorge, Selbstliebe
Regina Dittmann-Ontivero
Sehr gut! So viele Punkte eigentlich ganz klar und logisch. Wie das im Flugzeug, aber immer für Andere sorgend … Meine erwachsene Tochter hat mir den Link geschickt. Sehr gut! Ich möchte es mir zu Herzen nehmen.
Anne Albinus
Ganz viel Erfolg dabei! 🙂 LG Anne
Jessica
Ein ganz toller Artikel, ich habe ihn eben ganz entspannt in der Wanne gelesen und war so begeistert und habe ihn an meine Schwester geschickt. Ich stehe schon seit Ewigkeiten vor meiner Tochter auf, einfach um dem „Wahnsinn“ des anstehenden Tages zu trotzen. Auch mache ich seit Kurzem täglich eine halbe Stunde Yoga um zu entspannen. Auf lange Sicht könnte das mit der inneren Mitte klappen. Es braucht halt seine Zeit!
Anne Albinus
Liebe Jessica,
danke dir und maximale Erfolge dabei, den Wahnsinn mit der Mitte zu verbinden. 🙂
Alles Liebe
Anne
Sabrina
nach einer Babykrank-Nacht ist mein Kopf leer. Ich hab daher nichts zu sagen, wollte aber trotzdem einen Kommentar dalassen, für Interaktion, Reichweitenerhöhung, oder wie das alles heißt. Natürlich auch gepinnes und versendet. Toller Blog!
🙂
Anne Albinus
Beste Kommentare ever, ich musste gerade echt lachen!!
Vielen lieben Dank dir und gute Besserung an dein Mäuschen (auch damit du wieder schlafen kannst ).
Alles Liebe dir und deiner Familie,
Anne
Sabrina
Tolles Blog?
Sabrina
Tolles Blog!
Jess
DANKE!!! Einfach nur DANKE!!
Hab momentan ein Mommy-Burnout und lese viele Blogs. Deiner ist um Längen der Beste!!! Auch der Punkt, dass ich selber für mich verantwortlich bin. Logisch, aber eben doch manchmal nicht! Ich nehme mir durch Deinen Beitrag viel vor und bin zuversichtlich!! Vorallem mir kein Stress mehr zu machen. Nochmals Danke!!
Anne Albinus
Liebe Jess,
ich freue mich natürlich über deine Wertschätzung, danke! Aber traurig zu lesen, dass du im Burnout steckst. Ich wünsche dir alles Liebe und hoffe, du hast genügend Unterstützung!
Von Herzen viel Mitgefühl an dich und die besten Grüße,
Anne
Jana
So ein schöner Artikel. Meiner Meinung nach sollten wir Mütter uns untereinander viel mehr in diese Richtung bestärken anstatt uns gegenseitig unter Druck zu setzen. Vielen Dank,dass du einen Schritt dafür tust mir diesem Artikel
LG, Jana