Ein Kind ignorieren – unterschätzte Gewalt mit lebenslangen Folgen
Ein Kind zu ignorieren, ist eine massive Form von emotionaler Gewalt. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass dadurch in heftiger Weise die gleichen Gehirnareale anspringen wie bei starken körperlichen Schmerzen und der Stresscocktail im Blut sogar noch lange anhält.
Ignorieren als Erziehungsmethode ist harte Gewalt
Was emotionale Gewalt bedeutet, habe ich an anderer Stelle bereits beschrieben. Es ist wichtig zu verstehen, dass Gewalt IMMER destruktiv ist und immer eine psychische Belastung darstellt, die lebenslang für Probleme sorgen kann. Jedes Kind hat deshalb das gesetzlich verankerte Recht, gewaltfrei aufzuwachsen. Insofern ist es wichtig, dass wir uns bewusst machen, wie schädlich es ist, ein Kind einfach absichtlich links liegen zu lassen, wenn es sich scheinbar „schlecht verhalten“ hat.
Ignorieren heißt: Das Gegenüber entzieht sich emotional und geistig komplett, z. B. um mich zu bestrafen.
Absichtlich ein Kind zu ignorieren, ist reiner Sadismus, und für ein Kind viel schmerzhafter als seine Eltern genervt, wütend oder ungehalten zu erleben.
Wie sehen langfristige Folgen von wiederholtem Ignorieren aus?
- Sabine, deren Mutter sie oft stundenlang ignorierte, wenn sie in ihren Augen „ungezogen“ gewesen war, flippt als Erwachsene komplett aus, sobald ihr Ehemann vergisst, ihr im Messenger zu antworten.
- Tobias, der oft mit Ignorieren bestraft wurde, schreit verzweifelt seinen ins Spiel versunkenen 3-Jährigen an, nachdem er dreimal erfolglos zum Essen gerufen hat.
- Christine wurde, wenn sie als Kleinkind ihren Willen ausgedrückt hat, nicht eines Blickes gewürdigt und links liegen lassen. Heute weiß sie gar nicht mehr, was sie will – nur noch, was von ihr erwartet wird, und muss mühsam in Therapie lernen, wie das geht: auf die eigenen Bedürfnisse und das eigene Wollen zugreifen.
(Praxisbeispiele, Namen alle geändert.)
Ignorieren ist eine bösartige Strafe mit verheerenden Folgen.
Kinder brauchen Verbindung
Lasst uns mit unseren Kindern in Verbindung bleiben, selbst wenn wir das nur unperfekt auf die Kette kriegen, ungünstige Worte wählen oder Reibung entsteht. Das ist menschlich. ♥
Warme Grüße
Anne
Beziehung statt Erziehung, emotionale Gewalt, Entwicklungstrauma, Ignorieren, psychische Gewalt, Strafen, Trauma durch Erziehung
Katherina
Hallo,
der Vater meiner Nichte hat keinen Bezug zu seiner Tochter und ignoriert diese. Dies begründet er damit, dass er selbst unglücklich (depressiv) ist, macht aber nichts dagegen. Statt dessen beschäftigt er sich nur mit sich. (Er sitzt den ganzen Tag vor dem Handy) Meine Schwester macht alles alleine und ist völlig gestresst, als ich sie erneut darauf ansprach, dass sein Verhalten absolut falsch ist und das Kind darunter leidet, nahm sie ihn in Schutz und meinte auch noch, dass sie (Kind) ja oft auch nicht ohne ist (frech). Daraufhin meinte ich, dass es nicht fie Aufgabe des Kindes ist und die Eltetn die Erwachsenen und Verantwortlichen sind. Das Gespräch war dann beendet. Ich weiß nicht, wie ich mich verhalten soll, meine Nichte leidet und man merkt das total. Haben Sie einen Tipp für mich? Danke und lG
Anne Albinus
Liebe Katherina,
mein Mitgefühl an dich und deine Nichte. Ich kann mir gut vorstellen, wie belastend es ist, mitansehen zu müssen, dass die eigene Nichte in so einer Situation gefangen ist und die gut gemeinten Impulse nicht auf fruchtbaren Boden fallen. Da wir andere Menschen leider nicht ändern können, braucht es oft erstmal Trost und Stabilisierung für sich selbst. Ich glaube, du kannst deiner Nichte trotzdem mit gutem Beispiel einen Anker setzen: Du kannst sie fragen, wie es ihr geht und was sie empfindet und ihre Gefühle ernstnehmen. Das Zeichen zu setzen: „Du bist richtig und ich sehe, dass dir das Verhalten von XY nicht gut tut!“, ist auch eine starke Medizin. ♥
Alles Liebe für deine Nichte und dich!
Anne